Ja, ist das Maultiertraining wirklich so viel anders als das Pferdetraining? Kann man Pferdetraining auf ein Muli adaptieren? Wie sehr unterscheidet sich das Muli vom Pferd punkto Ausbildung?
In meinem letzten Blog-Artikel in diesem Jahr geht für einmal nicht um praktische Trainings-Tipps sondern ganz einfach um ein paar Gedankengänge meinerseits..
Ich bin in einigen deutschsprachigen FB Gruppen für Muli-Fans unterwegs. In diesen Gruppen ist der grosse Unterschied zwischen Pferden und Mulis immer wieder ein zentrales Thema. Daneben bin ich natürlich auch in der Gruppe der Mulemanship Masterclass von Ty Evans Dort bin ich mit vielen amerikanischen Muli-Enthusiasten verbunden. Mulis sind in den USA nach wie vor Teil der Reit-Tradition. Und was mir hier auffällt: Obwohl jedem klar ist, dass ein Muli kein Pferd ist, werden die Unterschiede viel weniger heraus gehoben. Es scheint gar nicht so der Rede wert zu sein. Viele Teilnehmer der Master Class haben sowohl Pferde wie Mulis und im nächsten Jahr sind sogar einige Grossesel mit von der Partie.
Wie sehr unterscheidet sich das Maultiertraining nun vom Pferdetraining?
Tatsache ist, dass viele die erfolgreich Pferde trainieren mit den Mulis ihre liebe Mühe haben. Nicht umsonst hängt den Mulis, wie auch den Eseln das Attribut «stur» an.
Andererseits ist das Muli ein halbes Pferd und wurde von seiner Pferde-Mutter sozialisiert. Also kann es sich nicht so fundamental vom Pferd unterscheiden.
Also fast ein Pferd oder total anders?
Ich denke es stimmt beides irgendwie.
Wenn wir über Pferdetraining in der heutigen Zeit reden müssen wir etwas bedenken: Das heutige Sportpferd ist physisch aber auch psychisch extrem auf die Wünsche von uns Reitern selektioniert. Diese Pferde lassen so unheimlich viel mit sich gefallen und sagen «fast» nie nein. Bei Warmblütern wird oft mit sehr viel Druck gearbeitet. Erlernte Hilflosigkeit ist leider eine gängige Trainingsmethode, weil sie funktioniert. Traurig aber wahr!
Mein Weg führte mich von unserem ersten Pferd (Ein Schweizer Warmblut mit Pony-Charakter) über meine beiden Esel zu Ponys verschiedenster Rassen.
Bevor Hildegard in mein Leben stolperte, ritt ich meinen Pauli, der mittlerweile leider gestorben ist. Ein Huzulenwallach, extrem urtümlich, extrem charakterstark.
Pauli war in seinem Verhalten dem Muli sehr viel näher als dem Warmblut. Er konnte, ähnlich wie ein Maultier, mit Druck sehr schlecht umgehen, wurde es ihm zu viel machte er dicht oder ging gegen einem. Und im Zweifelsfall blieb er stehen und überlegte was als nächstes zu tun sei.
Zum Huzulen ist zu sagen, dass er vom Tarpan abstammt. Und die Tarpans verfügen anders als die Steppenpferde über wenig Fluchtinstinkt. Für mich war es also ein eher sanfter Übergang vom Huzulen zum Maultier.
Müssten wir nicht besser unterscheiden zwischen Warmblut-Training und den Training von urtümlicheren Ponys und Mulis?
Da wird man dem Muli dann doch nicht ganz gerecht. Denn was unbestritten ist, dass das Muli halt auch ein halber Esel ist, und dieser unterscheidet sich doch vom Pferd in seinem Verhalten wie auch in seiner Anatomie. Wer also Mulis trainieren will, wird nich umhin kommen sich auch mit der langohrigen Verwandtschaft väterlicherseits zu beschäftigen. Sonst fehlt doch immer 50 Prozent.
Ich denke das wichtigste im Maultiertraining ist, dass wir uns bewusst sind dass wir mit Druck nicht sehr weit kommen. Und dass das Muli wirklich zwei Seelen in seiner Brust hat. Mal kommt mehr der Esel, mal kommt mehr das Pferd zum Vorschein. Also heisst es flexibel bleiben und auf sein vierbeiniges Gegenüber eingehen.
Aber ich finde so sollte man eigentlich auch Pferde trainieren. (Auch wenn es leider allzu oft nicht getan wird) Wenn ich beim Training meinem vierbeinigen Partner auf Augenhöhe begegne und versuche seine Sprache zu verstehen. Wenn er Mitspracherecht hat und gehört wird, ohne dass ich die Führung aus der Hand gebe, kann ich erfolgreich und tiergerecht trainieren. Und dann muss ich mir gar nicht so viele Gedanken darüber machen, ob das Tier am anderen Ende des Seils etwas längere oder etwas kürzere Ohren hat.
Mein ganz persönliches Fazit zur Diskussion rund um Unterschiede im Pferde- und Maultiertraining
Ja es gibt Unterschiede und die müssen wir ernst nehmen, wenn wir unseren Mulis gerecht werden wollen. Aber manchmal habe ich auch den Eindruck sie werden etwas hoch stilisiert. Jedes Tier ist sowieso ein Individuum und sollte nicht in eine Schablone gepresst werden, auch nicht in die Schablone «Muli vs Pferd» Wer schon lange Pferde oder Mulis trainiert, wird sicher schon mehr als einmal an den Punkt gekommen sein, dass das bisherige Wissen für genau dieses Tier nicht reicht. Dann kniet man sich rein und lernt weiter, um genau diesem Individuum helfen zu können. So erweitert sich der Horizont immer ein bisschen mehr. Und genau das macht gute Pferde-, und Mulimenschen aus!
In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Spass mit Deinem Maultier, oder Pferd, oder Esel