Jedes Training beginnt bei Null – oder wie ich mein Maultiertraining aufbaue.

Du wirst Dich jetzt vielleicht fragen, warum soll ich immer wieder bei Null starten? Schliesslich machen ich und mein Muli kontinuierlich Fortschritte. Also kann ich bei einem immer höheren Niveau einsteigen?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wirklich Sinn macht, immer wieder von vorne zu beginnen. Und zwar in jedem Training.

In einem früheren Blog-Artikel habe ich über den Wert des Warm Ups geschrieben. Diese beiden Themen gehen Hand in Hand. (Zum Warm Up)

Als Beispiel erzähle ich Dir wie ein Reittraining mit Hildegard aussieht.

Nach dem Putzen, frei auf dem Platz, beginne ich mit einem Warm Up am Boden. Zirkeln, Vor, und Hinterhand-Weichen, halbe Zirkel gehen auf der Mittellinie. Mit diesen Lektionen überprüfe und schule ich ihre Lockerheit, denn Hildegards grosses Thema ist und bleibt ihre Tendenz sich steif zu machen und gegen die Hilfen zu gehen. Zweites Thema ist das Satteln. Ihre Pausen kriegt sie immer beim Sattel. Irgendwann in dieser Abfolge der Lektionen wird sie dann gesattelt.

Im Sattel beginne ich wieder von vorne und frage nach und nach ab, ob sie am linken und rechten Zügel nachgibt, die Hinterhand und die Vorhand verschieben kann ohne sich dabei zu versteifen, sich locker beschleunigen und bremsen lässt über die Sitzhilfen und so weiter. Es ist wie eine Checkliste die ich abhake. Und wenn es bei irgend einem Punkt «knirscht», kann ich ihr dort über diese Klippe hinweg helfen. Erst jetzt ist Hildegard mental und körperlich bereit eine neue Lektion zu lernen.

Und – Du ahnst es schon – die Checkliste wird immer länger, je fortgeschrittener Du und Dein Muli werdet. Aber je besser ihr werdet desto schneller und schon fast nebenbei kannst Du gewisse Punkte abhaken. Sie werden kurz abgecheckt sind aber kaum noch der Rede wert.

Was ist der Vorteil, wenn Du das Training Deines Maultieres so strukturierst?

Der absolut wichtigste Vorteil liegt für mich auf der mentalen Ebene. Du beginnst jedes Training mit Lektionen, die Dein Muli schon gefühlt hundert Mal gemacht hat. Dein Muli kennt diese Übungen und ist körperlich und mental dazu bereit, «Ja» zu sagen.

Und dieses «Ja» -Sagen ist absolut entscheidend. Die wichtigste Aufgabe für uns, egal ob im Sattel oder am Boden, ist, unserem Muli die Fragen so zu stellen, dass es diese mit «Ja » beantworten kann.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass die Bewegungen immer wieder wiederholt werden. Dein Muli kann so die nötigen Muskeln aufbauen und die Koordination verbessern. So werden ihm diese Bewegungen nach und nach immer leichter fallen. Manöver, die vor kurzem noch etwas staksig und unbeholfen ausgeführt wurden, werden von Mal zu Mal geschmeidiger und präziser.

Sobald Dein Muli eine neue Lektion versteht (nur versteht noch nicht perfekt ausführt) kannst Du Dich an die darauf nächst folgende Lektion wagen. Und die vorhergehende Übung wandert in die Checkliste und wird bei jedem Training geübt und die Bewegungen werden immer geschmeidiger. Übrigens nicht nur die Bewegungen des Mulis sondern auch die Präzision und das Timing unserer Hilfen werden so immer weiter verbessert. Ich jedenfalls bin froh, wenn ich die Abläufe immer und immer wieder üben kann, bis Gewichtsverlagerung, die Abstimmung mit dem abfussenden Bein und ähnliches fast wie von selbst gehen.

Drill oder sinnvolles Maultiertraining?

Klingt das für Dich etwas zu sehr nach Drill? Ich weiss, dass manche FreizeitreiterInnen einem gezielten Training eher skeptisch gegenüber stehen. Nicht selten höre ich das Argument, dass sich artgerecht gehaltene Mulis von selbst trainieren und die Muskeln aufbauen durch die natürliche Bewegung. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Ja klar bauen Mulis wenn sie viel Platz zur freien Bewegung haben ihre Muskeln auf, aber eben nur diejenigen die sie brauchen. Zum Beispiel aktiv unter den Schwerpunkt zu treten ist beim Bummeln über die Weide nicht nötig und daher schonen die meisten Mulis ihre Hinterhand ausser sie machen gerade einen Sprint. Beim Reiten ist dieses aktive Untertreten aber wichtig für die Gesunderhaltung Deines Mulis.

Daher bin ich der festen Überzeugung, dass wir als verantwortungsvolle ReiterInnen nich darum herum kommen unsere Mulis gezielt zu trainieren. Aber das kann ja auch Spass machen. Und Du kannst das Training auch zu einem grossen Teil ins Gelände verlegen, wenn Dir das Reiten auf dem Platz gar nicht zusagt.

Mir jedenfalls hat dieses Prinzip, dass ich mein Training immer wieder ganz von vorne beginne jedenfalls enorm viel weiter gebracht. Diese Art des Trainings ist nicht so aufwendig wie es jetzt vielleicht klingt. Und dieser rote Faden, der sich durch jedes einzelne Training zieht macht für mich dem entscheidenden Unterschied.

Probier es doch einfach einmal aus.

Ich wünsche Dir viel Spass und Erfolg mit Deinem Maultier.

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